Leseprobe
Vorbemerkungen
Überliefernswerte Zitate verdanken ihre Aussagekraft der Einheit von Weisheit und Sprachkunst. Dies unterscheidet sie von mitunter banal anmutenden Redewendungen und tiefergehenden Einsichten, welchen die sie tragende Form fehlt ( Puntsch 2003, S. 5).
Die hier widergegebenen Aporismen stammen aus unterschiedlichen Quellen (von den jeweiligen Autoren verfasste Bücher, Biographien über die jeweiligen Autoren, Zitatesammlungen, Kalenderblätter, Tageszeitungen, Rundfunk- und Fernsehsendungen usw.). Für die Richtigkeit der überlieferten Aussagen kann keine Gewähr übernommen werden; eine Überprüfung – soweit überhaupt möglich – wurde nur stichprobenartig unternommen. Dies liegt am umfangreichen Material und an den häufig fehlenden oder teilweise sehr ungenauen Angaben (z.B. „aus der Bibel“). Über die Zusendung exakterer Referenzen oder gar von in das Konzept des Buches passenden weiteren Lesefrüchten für eine zukünftige erweiterte Neuauflage würden wir uns freuen.
Natürlich können Zusammenstellungen wie die vorliegende weder repräsentativ noch vollständig sein. Würden alle einem beliebigen Leser, Sammler oder Herausgeber bemerkenswert erscheinenden Aussprüche und Lesefrüchte zu einem Thema aufgezeichnet, wäre ein solches Werk weder zu bearbeiten noch herzustellen und erst recht nicht zu verkaufen. Diese grundsätzlichen Einschränkung ist jedoch auch von Vorteil, indem sie dazu zwingt, eine Auswahl vorzunehmen. Bei einem auch noch so intensiven Bemühen um Ausgewogenheit fließen dabei auch persönliche Wertungen und Einstellungen des Bearbeiters und Herausgebers ein.
Manche der demselben Anliegen verpflichteten, aber widersprüchlich anmutenden Aussagen machen die Abhängigkeit der (subjektiven) Erkenntnisse von der gerade herrschenden Weltanschauung, vom aktuellen Wissensstand bzw. von der Bewertung verwendeter Begriffe deutlich. So sieht zum Beispiel der Tierfreund und Vegetarier Arthur Schopenhauer den Verzicht auf Fleischnahrung als „natürlich an“
Der Mensch ist … zu einem Monstrum geworden, dessen Anblick schon dadurch widerwärtig ist und nun gar unterstützt wird, durch die … ekelhaften Folgen widernatürlicher Fleischnahrung, spirituoser Getränke, Tabak, Ausschweifungen und Krankheiten,
während der vegetarisch nicht weniger engagierte Autor Till Bastian Fleischverzicht als naturwidrig auffasst
Fleischverzicht ist alles andere als „natürlich” – es ist eine bewusste menschliche Entscheidung. So wie es ja überhaupt zu den hie und da noch vorhandenen guten Seiten unserer Menschlichkeit gehört, uns geradezu naturwidrig zu verhalten.
Während sich also „Natur“ bei Schopenhauer im Sinne von „echt“, „unverfälscht“, „unschuldig“ oder „rein“ darstellt, gilt sie bei Bastian (im Sinne des Evolutionsgedankens) als ein durch den Gebrauch des Verstandes und die Orientierung an moralischen Grundsätzen zu verbessernder Zustand.
Immer wieder kommt es auch vor, dass von verschiedenen Menschen nahezu identische Aussprüche überliefert sind, was manchmal mit Irrtümern, Übertragungsfehlern oder Absichten zu tun hat, mitunter aber auch damit, dass sich zur bildhaften Charakterisierung eines Zusammenhangs nur ein begrenztes Repertoire von Umschreibungen anbietet
Beispiel: „Gib dein Wissen nur dem, der danach fragt. Nur wer fragt, ist reif für die Antwort“, und „Anwälte und Ärzte erteilen nur Rat, wenn sie gefragt werden. Nimm dir ein Beispiel daran!“
Der häufigste Grund für Ähnlichkeiten dürfte aber damit zu tun haben, dass jemand ein geistvolles Zitat gelesen, aber dies und damit auch die Quelle vergessen hat. So wird er den im treffend erscheinenden Gedanken – ganz ohne Absicht und Eitelkeit – als einen eigenen ansehen. Da wir letztendlich alle vom kumulierten Wissen unserer Vorfahren und Zeitgenossen profitieren, wäre es verfehlt, so etwas vorschnell als Plagiat zu verurteilen.