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Rendezvous mit dem Wasser

Autor:
Dr. Walter Kiefl
Verlag:
mentaLibre
Erscheinungsjahr:
2024
Sonstiges:

2024
168 Seiten
ISBN: 978-3-940223-59-3
mit Betina Pflaum

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Oder direkt beim Autor.
Leseprobe
I. Sozial- und kulturgeschichtliche Aspekte des Badens Das Prinzip aller Dinge ist das Wasser; aus Wasser ist alles und ins Wasser kehrt alles zurück. (Thales von Milet) Wasser bzw. seine Verfügbarkeit und der Zugang zu ihm kann die kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung steuern, beleben und fördern – aber auch verhindern, erschweren und ganz zum Erliegen bringen. Es bedeutet sowohl Leben als auch Tod. Ein Dasein ganz ohne dieses Element ist für uns nicht vorstellbar – zu viel davon oder am falschen Ort kann aber auch Leben auslöschen, sei es zum Beispiel aufgrund von Überschwemmungen, Schiffskatastrophen, als Mittel der Kriegsführung oder zum Mord und Suizid. Von der Thematisierung solcher grundsätzlicher (und vor allem destruktiver) Aspekte von Wassers wird jedoch in der vorliegenden Zusammenstellung – abgesehen von zwei Ausnahmen – abgesehen. Der Schwerpunkt der einzelnen Beiträge liegt stattdessen in seiner Bedeutung für den Freizeitbereich, konkret in der Badekultur, die – wie jedes sozio-kulturelles Phänomen – einem ständigen Wandel unterliegt. Dies zeigt sich zum Beispiel in den Veränderungen des Stellenwerts bzw. der gesellschaftlichen Einstellungen hinsichtlich des Schwimmens, Badens und Sonnenbadens allein in den letzten sechzig Jahren, etwa bei der Bademode, bei der vorherrschenden Art der Nutzung von Gewässern und Stränden oder der wesentlichen Motive verschiedener Gruppen von Nutzern bzw. deren sozialer und kultureller Akzeptanz. Um attraktiv und konkurrenzfähig zu sein, müssen moderne Bäder diesen vielfältigen, nicht notwendigerweise mit dem Schwimmen zusammenhängenden Bedürfnissen Rechnung tragen; mit dem schlichten funktionalen Sportbad der 1950er Jahre lassen sich heute nicht mehr viele Besucher anlocken. So kommt es gegenwärtig vielen Badegästen weniger auf sportliches Schwimmen an, sondern mehr darauf, sich im (warmen) Wasser wohlzufühlen, zu planschen, neue Erfahrungen zu machen (z.B. mit verschiedenen Arten von Duschen und Massagedüsen), Geselligkeit zu pflegen und/oder unbewussten bzw. uneinge­standenen Neigungen (z.B. Narzissmus, Exhibitionismus, Selbstdarstellung, Voyeurismus) nachzugehen. Die Geschichte des Badewesens ist vermutlich älter als die Geschichte bildlicher und schriftlicher Hinterlassen­schaften. Die frühesten Hinweise auf das Schwimmen datieren etwa auf 6.000 v. Chr., doch ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die Menschen schon wesentlich früher dazu in der Lage waren. Während in den antiken Hochkulturen (Ägypten, Griechenland, Rom) Schwimmen und Badekultur einen hohen Stellenwert einnahmen und auch – zeitgenössischen Berichten zufolge – die Germanen gut und gerne schwammen, wurden diese Kulturtechniken ab dem Mittelalter infolge der damals vorherrschenden bzw. propagierten christlichen Leibfeindlichkeit bekämpft, und so kam es – neben ausdrücklichen Verboten – auch zu weit verbreiteten Mythen über die Gefährlichkeit des Wassers (z.B. Seeungeheuer, im Wasser lauernde Dämonen und Wassergeister, Wasser als Brutstätte von Krankheiten), so dass Generationen von Stinkern und Nichtschwimmern heranwuchsen. Oft verleiht jedoch die Abwertung und Unterdrückung verbotenen Tuns diesem einen besonderen Reiz so dass es mehr oder weniger heimlich ausgeübt bzw. vielerorts von einer klugen Obrig­keit innerhalb bestimmter Grenzen auch geduldet wird. So erfreuten sich im Mittelalter Badestuben, in welchen Männer und Frauen nicht nur – mehr oder weniger – nackt badeten, sondern auch geselligen Umgang bei Essen, Wein und Musik pflegten, großer Beliebtheit, wenn auch diese Vergnügungen häufig von der Kirche und den ihr hörigen weltlichen Macht­habern bekämpft wurden. Dies galt auch für das erste, 1528 von dem Ingolstädter Universitätsprofessor Nikolaus Wynmann veröffentlichte Schwimmlehrbuch, das bald auf den Index der verbotenen Schriften kam. Zum Umdenken kam es erst im 18 Jahrhundert. Aufklärer wie John Locke (1632-1704) oder Jean Jacques Rousseau (1712-1778) trugen wesentlich dazu bei, dass sowohl Reinlichkeit als auch das Schwimmen als Mittel der Körper­pflege bzw. Körperertüchtigung erneut zu Ansehen gelangten, wobei dem Adel eine Vorreiterrolle zukam. So ließ der bayerische Kurfürst Max Emanuel (1679-1726) zwischen 1718 und 1721 eine eigenes Schlösschen zum Planschen errichten, das somit als erstes – wenn auch nicht öffentliches – Münchner Hallenbad gelten könnte.
Rezension

Klappentext

Vom Baden und Sonnenbaden im Wandel der Zeit
Erlebnisse, Beobachtungen und Gedanken

Vorwort

Wasser: Es zieht uns Menschen zum Wasser hin. Das können wohl die meisten bestätigen. Ob wir am Brunnen sitzen und die Füße ins kühle Nass tauchen oder im See baden, mit dem Boot fahren oder einfach nur am Wasser verweilen und die Seele baumeln lassen: Das Wasser macht etwas mit uns. Es ist Getränk, Naturerlebnis, Badegelegenheit, Medizin und vieles mehr. Alle Beobachtungen, Betrachtungen und Erzählungen hier haben – direkt oder indirekt – mit diesem Element zu tun, denn es begleitet uns das ganze Leben.

Auch wenn man liest, taucht man ein in Geschichten, taucht unter in andere Welten. Ohne Sauerstoffflasche hält mancher den Atem an, liest und träumt, lässt sich forttragen. Wie beim Schwimmen, Zug um Zug, eintauchen, kurz auftauchen, ein Blick über den Beckenrand hinweg, dann wieder abtauchen. Beim Lesen hat jeder seinen eigenen Rhythmus, ähnlich wie beim Schwimmen. Der eine springt mit Elan vom Brett, der andere probiert erst einmal vorsich­tig, wie kalt das Wasser ist, wartet …, überlegt, … taucht langsam ein.

Bei den einzelnen Beiträgen handelt es sich sowohl um Erfahrungsberichte und Erlebnisschilderungen als auch um allgemeinere Betrachtungen – teils satirischer, teils nostalgischer Art – zu einigen Aspekten der Badekultur in den letzten 60 bis 70 Jahren.

Machen Sie es ebenso mit diesem Buch, ganz wie es Ihnen passt. Genießen Sie Zug um Zug. Tauchen Sie ein in die Geschichte der Badekultur – und in damit verbundene Eindrücke und Begebenheiten.

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